Aesthetics Update #23

Ästhetische Prioritäten und Bedenken im Gesicht: Wahrnehmungen von ÄrztInnen und PatientInnen weltweit

Fabi et al. (2022)

Einführung

Die Nachfrage nach minimalinvasiven und nichtinvasiven ästhetischen Gesichtsbehandlungen wächst weltweit rasant. Doch wie decken sich eigentlich die Wahrnehmungen und Prioritäten von PatientInnen mit denen von BehandlerInnen? Diese internationale Umfrage mit über 14.000 PatientInnen und mehr als 1.300 ÄrztInnen beleuchtet genau diese Fragestellung und zeigt, wo Diskrepanzen bestehen, die in der täglichen Praxis zu Missverständnissen und ungenutzten Potenzialen führen können.

Zusammenfassung

Die Studie von Fabi et al. aus 2022 identifiziert wesentliche Unterschiede zwischen den Prioritäten von PatientInnen und der ärztlichen Wahrnehmung hinsichtlich ästhetischer Anliegen im Gesicht. Während sich beide Gruppen über die Relevanz bestimmter Bereiche wie Zornesfalten und Stirnfalten einig sind, unterschätzen ÄrztInnen oft die Bedeutung von Augenringen, Hautqualität und Haarverlust. Auch Barrieren wie Angst vor Schmerzen, Sicherheitsbedenken und das Risiko unnatürlicher Ergebnisse werden von PatientInnen deutlich höher bewertet als von ÄrztInnen.

Methodik

Die anonyme, internetbasierte Umfrage wurde zwischen Oktober und Dezember 2018 weltweit in 18 Ländern durchgeführt. Einschlusskriterien für PatientInnen waren ästhetisches Interesse sowie die Bereitschaft, in ihr Aussehen zu investieren. Eingeschlossene ÄrztInnen mussten mindestens 30 Ästhetik-PatientInnen pro Monat betreuen. Die Umfrage umfasste Fragen zu gewünschten Behandlungszielen, ästhetischen Sorgen und Wahrnehmungen der eigenen Attraktivität.

Ergebnisse

Teilnehmerprofil

  • PatientInnen (n = 14.584): 70 % Frauen, mittleres Alter 41 Jahre

  • ÄrztInnen (n = 1.315): 68 % Männer, mittleres Alter 45 Jahre

Hauptsorgen von PatientInnen

  1. Augenringe und Tränensäcke (36 %)

  2. Krähenfüße (34 %)

  3. Stirnfalten (31 %)

  4. Hautunreinheiten, ungleichmäßiger Teint (31 %)

  5. Haarprobleme wie Haarausfall (30 %)

Männliche PatientInnen nannten Haarverlust am häufigsten, während Frauen besonders auf die Augenpartie fokussiert waren​.

Hauptsorgen aus Sicht der ÄrztInnen

Auch die befragten ÄrztInnen nannten Krähenfüße (21 %), Stirnfalten (20 %) und Zornesfalten (15 %) als die am häufigsten genannten Anliegen ihrer Patientinnen. Auffällig ist jedoch, dass Augenringe und Tränensäcke sowie Volumenverlust im Mittelgesicht deutlich seltener als relevant eingestuft wurden – obwohl diese von Patientinnen häufig genannt wurden​.

Nur 16 % der ÄrztInnen diskutierten regelmäßig das Thema Augenringe, obwohl 31 % der Patientinnen dieses als eines der Top-5-Anliegen einstuften. Auch Hautqualität wie Akne, Rötungen oder Textur sowie Haarprobleme wurden von ÄrztInnen seltener priorisiert, obwohl sie insbesondere bei jüngeren und männlichen Patientinnen eine große Rolle spielen​.

Alters- und Geschlechterunterschiede

  • Millennials (21–35 Jahre): Häufig besorgt über Hautqualität und Akne

  • Generation X und Baby Boomer: Fokus auf Falten, Hauterschlaffung, Augenringe

  • Männer: Haarverlust als häufigstes Anliegen

  • Frauen: stärker auf Augenpartie und Hautbild fokussiert

Barrieren für Behandlungen

  • PatientInnen: Angst vor Schmerzen (65 %), Sicherheitsbedenken (58 %), unnatürliches Aussehen (37 %)

  • ÄrztInnen: bewerteten diese Barrieren deutlich geringer – zum Beispiel hielten nur 42 % die Angst vor Injektionen für relevant​.

Relevanz für die klinische Praxis

Diese Diskrepanzen zeigen, wie wichtig es ist, PatientInnen aktiv nach ihren Wünschen und Ängsten zu fragen, anstatt ausschließlich von der eigenen professionellen Einschätzung auszugehen. Gerade Themen wie Hautqualität, Augenpartie und Haarverlust sollten gezielt angesprochen werden, auch wenn sie nicht direkt von PatientInnen erwähnt werden.

Zudem zeigt die Umfrage, dass viele PatientInnen Behandlungen eher als korrigierende Maßnahmen ansehen, während ÄrztInnen sie präventiv empfehlen würden. Hier besteht ein klares Kommunikationspotenzial, um das Verständnis für frühzeitige, sanfte Interventionen zu fördern – insbesondere bei jüngeren Zielgruppen.

Conclusio

Diese globale Studie unterstreicht die Bedeutung einer patientenzentrierten Kommunikation in der ästhetischen Medizin. Eine ehrliche, empathische Beratung, die individuelle Anliegen ernst nimmt, kann nicht nur Vertrauen schaffen, sondern auch die Behandlungszufriedenheit nachhaltig erhöhen. Es lohnt sich, hinzuhören – manchmal sind es die vermeintlichen Nebenschauplätze, die aus Patientinnensicht die größte Relevanz besitzen.

Auf einen Blick

Top-Sorgen der PatientInnen: Augenringe, Krähenfüße, Stirnfalten, Hautqualität, Haarverlust
Top-Sorgen aus Sicht der ÄrztInnen: Stirnfalten, Krähenfüße, Zornesfalten
Diskrepanzen: Augenringe, Wangenvolumen, Hautstruktur werden häufig von ÄrztInnen unterschätzt
Barrieren aus Sicht der PatientInnen: Angst vor Schmerzen, Sicherheitsbedenken, unnatürliche Ergebnisse
Empfehlung: Individuelle Beratung, frühzeitige Aufklärung, gezielte Ansprache von unausgesprochenen Anliegen

Quellenangabe:
Fabi, S., Alexiades, M., Chatrath, V., Colucci, L., Sherber, N., Heydenrych, I., Jagdeo, J., Dayan, S., Swift, A., Chantrey, J., Stevens, W. G., & Sangha, S. (2022). Facial Aesthetic Priorities and Concerns: A Physician and Patient Perception Global Survey. Aesthetic Surgery Journal, 42(4), NP218–NP229. https://doi.org/10.1093/asj/sjab358

Disclaimer: Dieser Beitrag dient ausschließlich der fachlichen Information und stellt keine medizinische Beratung dar. Er ersetzt nicht das ärztliche Gespräch oder eine individuelle Patientenaufklärung. Für die Inhalte der analysierten Studien wird keine Haftung übernommen.

Weiter
Weiter

Aesthetics Update #22